Linzer Charta zur wechselseitigen Anerkennung

Der offizielle Pressetext lautete wie folgt:

Linz (OTS/epdÖ) – Oberösterreichische Kirchen, Freikirchen, Gemeinden und Werke, die sich der Reformation verpflichtet fühlen, unterzeichnen am Freitag, 26. Juni im Linzer Landhaus eine “Charta über die wechselseitige Anerkennung und Verpflichtung”. Der Festakt, bei dem auch der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer sprechen wird, beginnt um 18.00 Uhr im Steinernen Saal des Landhauses.
Durch die Charta wolle man “das Gemeinsame vor das Trennende stellen”, betont der evangelisch-lutherische Superintendent Gerold Lehner im Gespräch mit epd Ö. In der Vergangenheit sei das Verhältnis der Gemeinden, die im Umfeld der Evangelischen Kirche existierten, oft “freundlich distanziert” oder “kritisch ablehnend” gewesen. “Heute erkennen wir, dass wir die Glaubwürdigkeit des Zeugnisses von Jesus Christus aufs Spiel setzen, wenn unter Christinnen und Christen Zwietracht oder Gleichgültigkeit herrscht. Deshalb suchen wir die Gemeinschaft untereinander, weil sie dem entspricht, was Christus schon an Einheit geschaffen hat”, unterstreicht der Superintendent. Gleichzeitig wolle man klarstellen, “dass Kirchen, Gemeinschaften und Werke in Oberösterreich nicht aus Unkenntnis heraus als Sekten diffamiert werden, wenn sie sich zu dem gemeinsamen Glauben an Christus bekennen, wie er in der Heiligen Schrift und den Bekenntnissen der ersten fünf Jahrhunderte niedergelegt ist”. In Oberösterreich gebe es eine “größere Vielfalt als gemeinhin bekannt”.

In der Charta verpflichten sich die Unterzeichner etwa, einander “mit Liebe und Respekt” zu begegnen und die “polemischen Muster der Vergangenheit” zu verwerfen. Was as Verhältnis zur Römisch-katholischen Kirche betrifft, sieht Lehner die Charta als “ökumenische Bemühung im evangelischen Umfeld”. Damit sei der Weg jedoch nicht zu nde: “Wir haben begonnen, einen Weg zu gehen. Dass wir damit noch nicht am Ziel sind, ist uns allen klar.” Unterzeichnen werden die Charta unter anderen in Oberösterreich die Evangelisch-lutherische Kirche und deren Bildungswerk, die Evangelisch-methodistische Kirche, mehrere evangelikale Gemeinden, freie Christengemeinden, Gemeinden der Pfingstkirche oder auch Organisationen wie die Missionsgemeinschaft der Fackelträger Schloss Klaus, Operation Mobilisation, Missionswerk Neues Leben, Evangelium in jedes Haus, Bibellesebund und Gideonbund oder Family Life Mission.
Unterzeichnung der Charta über wechselseitige Anerkennung von Kirchen
Oberösterreichische Kirchen, Freikirchen, Gemeinden und Werke, die sich der Reformation verpflichtet fühlen, unterzeichnen eine “Charta über die wechselseitige Anerkennung und Verpflichtung”. Bei dem Festakt wird auch der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer sprechen.

Datum: 26.6.2009, ab 18:00 Uhr
Ort: Linzer Landhaus,
Promenade 24, 4020 Linz
Details: Steinerner Saal

 

Charta über die wechselseitige Anerkennung und Verpflichtung christlicher Kirchen, Gemeinden und Werke in Oberösterreich

(PDF Version)

1. Die christliche Kirche in Oberösterreich lebt in einer größeren Vielfalt als der öffentlichen Wahrnehmung bewusst ist.

Die Wahrnehmung der christlichen Kirche in Oberösterreich ist im Wesentlichen durch die Präsenz und Dominanz der römisch-katholischen Kirche geprägt. Dazu kommen dann noch die Evangelische und die Orthodoxe Kirche. Damit ist aber die öffentliche Wahrnehmung in ihrer Differenziertheit meist erschöpft. Dass es im Raum des Protestantismus noch eine Vielzahl von Kirchen und Gemeinden gibt, kommt nicht mehr in den Blick. Wenn diese überhaupt in den Blick kommen, dann oft unter den Schlagworten ?Sekte? oder ?Fundamentalismus?.

Diese Sicht der Dinge zurechtzurücken, der Verunglimpfung der Schwestern und Brüder ein Ende zu machen, ist ein Ziel unserer Charta.

2. Diese Vielfalt ist im Miteinander einerseits von Trennungen und Verletzungen belastet, andererseits aber auch eine Quelle der Inspiration und Bereicherung.

Es geht hier darum, die Vielfalt in ihrer Ambivalenz anzusprechen. Sie hat mit Konflikten und Verletzungsgeschichten zu tun, mit Differenzen die nicht ausgeräumt sind und auch mit Misstrauen, das zumindest unterschwellig vorhanden ist.

Zum anderen beinhaltet die Vielfalt auch Reichtum und Korrektiv. Die jeweils unterschiedliche Betonung von Schwerpunkten führt zu unterschiedlichen Formen und Gestalten des Glaubens, welche seine Fülle zeigen. Gleichzeitig sind die Kirchen und Gemeinden füreinander auch ständige geschwisterliche Gesprächspartner. Niemand sieht die Schwächen des anderen so gut, wie die ?nahe Verwandtschaft?. Freilich ist hier auch der drohende Verlust der Verhältnismäßigkeit besonders problematisch: D.h. relativ geringe Unterschiede werden zu großen Stolpersteinen, bzw. Glaubensproblemen stilisiert.

3. Wir, die unterzeichnenden Kirchen, Gemeinden und Werke erklären feierlich, dass wir uns zu der Offenbarung des dreieinigen Gottes in Jesus Christus bekennen, wie sie in der Heiligen Schrift bezeugt und in den Bekenntnissen der ersten fünf Jahrhunderte, insbesondere dem Credo, dem Nizänum und dem Nizäno-Konstantinopolitanum festgeschrieben wurde.

Am Ende der ersten fünf Jahrhunderte n.Chr. ist das Bekenntnis zu dem dreieinen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, abgeschlossen. Der Konsens, den diese Bekenntnisse darstellen, ist Grundlage aller christlichen Kirchen. Wir fügen deshalb den Text dieser Bekenntnisse der Charta an.

4. Der gemeinsame Glaube und das gemeinsame Bekenntnis schließen uns als Töchter und Söhne Gottes zu einer Gemeinschaft als Schwestern und Brüder zusammen.

Wenn wir diesen Glauben bekennen, kann das nicht folgenlos sein für unser Verhältnis zueinander als Menschen, Gemeinden und Kirchen. Diese Bekenntnisse sind Ausdruck der Freude über den Gott, der den Menschen schuf, der Mensch wurde um uns zu erlösen, und der uns durch den Heiligen Geist zur Vollendung führen wird. Sie sind darin auch Grund der Freude an einander, weil unser Glaube aus derselben Wurzel erwächst und uns verbindet.

5. Wir bezeugen diese Gemeinschaft als eine, die nicht von unserem Wollen abhängt, sondern von Christus gewirkt und deshalb für uns verbindlich ist.

Wir anerkennen damit auch, dass die Frage nach der Gemeinschaft untereinander grundsätzlich nicht von unserem Wollen, unserer Sympathie oder Antipathie, also von menschlichen Faktoren abhängt, sondern dass sie in Gottes Wollen und Wirken begründet liegt. Wir sind zur Gemeinschaft berufen und können und wollen uns dieser Berufung nicht entziehen. Diese Gemeinschaft ist eine Gabe, die uns gleichzeitig verpflichtet.

Daraus ziehen wir folgende Konsequenzen für das gemeinsame Leben und Wirken in Oberösterreich:

6. Wir verpflichten uns, einander, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in unseren jeweiligen Versammlungen, als Schwestern und Brüder anzuerkennen und mit Liebe und Respekt zu begegnen und in eben diesem Geist auch innerhalb unserer Kirchen und Gemeinden über einander zu reden.

?Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.? (Joh.13,35) In allen Differenzen und Schwierigkeiten wollen wir uns immer wieder auf das zentrale Gebot unseres Herrn besinnen.

7. Wir nehmen Abstand davon, die jeweils andere Kirche und Gemeinde als entweder vom Glauben abgefallene Kirche oder als sektiererische Gruppe zu verunglimpfen. Wir erachten die polemischen Muster der Vergangenheit als Handlungen und Einstellungen die wir weder wiederholen und fortschreiben müssen noch wollen.

Wir kommen als geschichtliche Wesen auch und gerade im Verhältnis zu einander aus einer Konfliktgeschichte. Manche dieser Konflikte sind beigelegt, andere sind es nicht. Dennoch wollen wir zum einen unseren Blick nicht ständig auf die Konflikte und damit das Trennende richten; und wollen wir zum anderen die Geschichte nicht einfach ungebrochen fortschreiben. Sonst gäbe es für uns keine Möglichkeiten einander neu zu begegnen und wir blieben in unseren Konflikten gefangen. Damit aber würden wir die Freiheit der Kinder Gottes verleugnen.

8. Wo wir einander Ermahnung schuldig sind, wollen wir diese im Geist der Auferbauung und nicht der Zerstörung äußern.

Es gibt Konflikte und Differenzen in inhaltlichen Bereichen des Glaubens. Hier sind wir einander, was die wechselseitige Kritik und Mahnung angeht, in Pflicht. Wir wollen kein falsches Harmonieverständnis fördern das darauf beruht, dass jeder dem anderen seine Meinung zugesteht und im übrigen nichts mit ihm zu tun haben will. Sehr wohl aber wollen wir darauf achten, wie wir unsere Konflikte austragen und unsere differenten Auffassungen bereden. Nämlich so, dass dadurch Wachstum und Auferbauung geschieht und nicht Verletzung und Zerstörung. Wir anerkennen, dass der Heilige Geist in uns allen wirkt und achten darauf, dass unsere Auseinandersetzungen in seinem Geist geführt werden. Wir begreifen Wahrheit und Liebe nicht als Gegensätze, sondern als gottgewollte Spannung in der wir uns bewähren sollen.

9. Wir verpflichten uns, auf dem Weg zueinander weiter zu gehen und sehen diese Charta dabei als einen Schritt auf dem Weg an. Wir anerkennen dankbar, dass es diesbezüglich viele Initiativen gab und gibt. Wir wollen sie nicht übergehen, sondern für das Miteinander in diesem Land nützen.

Das Ziel unseres Weges ist nicht die organisatorische Einheit, sondern die Gemeinschaft der Feier und des Dienstes, der Gehorsam und die Freude an unserer gemeinsamen Berufung.

Die Berufung die uns eint ist: in diesem Land und dieser Zeit Gott und den Menschen zu dienen.

Wir sind weder die ersten, die das gemeinsame Gebet und Gespräch suchen und pflegen, noch werden wir die letzten sein. Wir sind dankbar für alle Bestrebungen, welche der Einheit des Zeugnisses von Gottes Erbarmen dienen. Im Besonderen sind wir dankbar für das Wirken der Evangelischen Allianz, welche immer wieder Brücken zwischen Gemeinden und Kirchen geschlagen hat.

Unsere Gemeinschaft ist nicht Selbstzweck, sondern Zeugnis der Glaubwürdigkeit unserer Botschaft. Christliche Gruppen, Gemeinden und Kirchen welche einander wechselseitig den Glauben bestreiten sind nicht nur im Angesicht Gottes ein Skandal, sondern in den Augen der Welt ein Hinweis darauf, dass die Botschaft von Gottes Vergebung und Versöhnung nicht einmal unter den daran Glaubenden greift.

10. Um dieses Miteinander abzusichern und es nicht ohne Form zu lassen, verpflichten wir uns, uns jedenfalls jährlich zu treffen, miteinander Austausch zu haben, zu beten und Probleme sowie Gemeinsamkeiten des Dienstes zu besprechen.

Wenn die Charta nicht nur eine Absichtserklärung bleiben soll, dann müssen wir das Miteinander pflegen und bewahren. Wir müssen Formen finden, die es möglich machen, sowohl miteinander Gott zu loben und ihn anzurufen, sowie den Austausch und den kritischen Dialog – auch über den Kreis des Linzer Leitertreffens hinausgehend – zu fördern.

Apostolisches Glaubensbekenntnis
(Credo)

Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.

Glaubensbekenntnis von Nizäa

Wir glauben an den einen Gott,
den allmächtigen Vater
den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren.
Und an unseren einen Herrn Jesus Christus
den Sohn Gottes,
als Einziggeborener aus dem Vater geboren,
das heißt aus dem Wesen des Vaters,
Gott aus Gott,
Licht aus Licht,
wahrer Gott aus wahrem Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
wesensgleich mit dem Vater,
durch den alles geworden ist,
was im Himmel und was auf der Erde ist.
Der wegen uns Menschen
und um unseres Heiles willen herabgestiegen
und Fleisch und Mensch geworden ist,
gelitten hat und auferstanden ist
am dritten Tage,
hinaufgestiegen ist in die Himmel
und kommt, Lebende und Tote zu richten, und an den Heiligen Geist.

Konzil von Nizäa, 325 n. Chr.

Glaubensbekenntnisvon Nizäa-Konstantinopel

Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat,
Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserm Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.

Amen.

Konzil von Konstantinopel, 381 n. Chr.